- 24.06.2025 -
Was geschieht mit der Mietwohnung nach der Scheidung? Wer darf bleiben, wer muss aus der ehemaligen Ehewohnung ausziehen? Wie werden die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag geregelt, wenn sich Eheleute trennen? Der folgende Ratgeber bietet Ihnen einen Überblick und erklärt, wie Sie Ihre Wohnsituation nach der Scheidung fair, sicher und rechtlich korrekt gestalten können.
Die Frage, was nach einer Scheidung mit der gemeinsam bewohnten Mietwohnung passiert, stellt sich für viele Paare, sobald die Trennung beschlossen ist. Die Wohnung ist mehr als nur ein Dach über dem Kopf - sie steht oft auch für Stabilität, Sicherheit und die gewohnten Lebensumstände. Mit einer Scheidung gehen nicht nur emotionale, sondern auch erhebliche praktische und rechtliche Herausforderungen einher. Insbesondere ist zu klären, wer in der bisherigen Wohnung verbleibt, wer auszieht und welche Rechte und Pflichten sich daraus ergeben.
Bereits im Trennungsjahr - also vor der eigentlichen Scheidung - können Wohnfragen aktuell werden. Das gilt unabhängig davon, ob beide Eheleute als Mieter im Mietvertrag stehen oder nur einer. Auch spielt es keine Rolle, wer bisher überwiegend die Miete gezahlt hat oder wer die Wohnung ursprünglich angemietet hat. Entscheidend sind die gesetzlichen Regelungen zum Mietverhältnis, zur Ehewohnung sowie die jeweiligen Lebensumstände der Beteiligten.
Die rechtlichen Vorgaben zur Nutzung der Ehewohnung nach der Scheidung finden sich in § 1568a BGB. Darin ist vorgesehen, dass einer der Ehegatten verlangen kann, ihm die Ehewohnung zu überlassen, wenn er unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse beider Ehepartner stärker auf die Nutzung angewiesen ist als der andere. Auch andere Billigkeitsgründe können berücksichtigt werden - etwa Krankheit, Alter oder die Sorge um minderjährige Kinder.
Das Gericht prüft im Einzelfall, welcher Ehegatte die stärkere Bindung zur Wohnung hat und ob besondere Umstände (z. B. Kindeswohl, gesundheitliche Gründe) vorliegen.
Fallbeispiel:
Frau und Herr M. leben mit ihrem Kind in einer Mietwohnung. Nach der Trennung möchte Herr M. ausziehen, Frau M. und das Kind wollen in der Wohnung bleiben. Hier prüft das Gericht vorrangig, welches Wohl dem Kind am meisten dient und ob Frau M. auf die Wohnung angewiesener ist.
Wenn Sie nach der Scheidung Ansprüche auf Überlassung oder Übernahme der bisherigen Ehewohnung geltend machen möchten, gilt eine wichtige Frist: Nach § 1568a Abs. 6 BGB müssen entsprechende Anträge spätestens ein Jahr nach Rechtskraft der Scheidung gestellt werden. Wird innerhalb dieses Jahres kein Antrag beim Familiengericht eingereicht, erlöschen die Ansprüche unwiderruflich. Diese Jahresfrist gilt nicht nur für den Eintritt in ein bestehendes Mietverhältnis oder die Begründung eines neuen Mietvertrags, sondern nach aktueller Rechtsprechung auch für sämtliche Ansprüche auf Überlassung der Ehewohnung. Nach Ablauf der Frist kann der Eigentümer der Wohnung die Herausgabe verlangen; familienrechtliche Schutzregelungen kommen dann nicht mehr zum Tragen.
Können sich die Ehepartner nicht einvernehmlich einigen, entscheidet das Familiengericht auf Antrag über die Zuweisung der Wohnung. Maßgeblich sind:
Ausnahme: Sofern die Wohnung im Alleineigentum eines Ehegatten oder im Miteigentum mit einem Dritten steht oder besondere Rechte wie Nießbrauch bestehen, ist eine Wohnungszuweisung durch das Gericht nur dann möglich, wenn ansonsten eine unbillige Härte entstehen würde.
Das Familiengericht entscheidet durch Beschluss, wem die Wohnung zugewiesen wird - entweder auf Zeit oder endgültig. Bis zur Rechtskraft der Scheidung gilt § 1361b BGB für die Trennung, danach § 1568a BGB für die Scheidung. In Eilfällen, z. B. bei häuslicher Gewalt, kann eine einstweilige Anordnung beantragt werden.
Wichtig: Wenn ein Ehegatte nach der Trennung aus der Wohnung auszieht und innerhalb von sechs Monaten keine Rückkehrabsicht äußert, wird für die Trennungszeit unwiderlegbar vermutet, dass er dem anderen Ehegatten das alleinige Nutzungsrecht an der Ehewohnung überlassen hat, § 1361b Abs. 4 BGB. Diese Vermutung endet mit der Rechtskraft der Scheidung!
Die Scheidung selbst beendet das Mietverhältnis nicht automatisch. Für die Verpflichtungen aus dem Mietvertrag gilt: Es kommt darauf an, wer im Mietvertrag steht.
Solange beide im Mietvertrag stehen, haften sie gesamtschuldnerisch. Das heißt: Der Vermieter kann jeden der beiden für die gesamte Miete und Nebenkosten in Anspruch nehmen. Im Innenverhältnis der geschiedenen Eheleute besteht dann ein Ausgleichsanspruch. Die Haftung für bereits entstandene Rückstände bleibt auch nach Vertragsänderung bestehen. Erst nach wirksamer Entlassung aus dem Mietvertrag oder einer entsprechenden gerichtlichen Entscheidung haftet der ausgezogene Ehepartner nicht mehr für die Zukunft.
Auch Nachzahlungen aus der Zeit gemeinsamer Mieterschaft sind grundsätzlich von beiden zu begleichen.
Steht ein Ex-Partner allein im Mietvertrag, haftet dieser allein für Miete und Nebenkosten.
Mietvertragsanpassung: Die Eheleute sind sich einig, wer von beiden die Wohnung weiter nutzen soll. Wenn der Vermieter ebenfalls einverstanden ist, kann ein Mietänderungsvertrag geschlossen werden. Derjenige, der in der Wohnung bleibt, übernimmt den Mietvertrag oder setzt diesen als alleiniger Mieter fort. Der andere wird aus dem Mietvertrag entlassen. Auch die Nebenkostenvorauszahlungen sollten an die geänderte Bewohnerzahl angepasst werden.
Mitteilung der Ex-Eheleute an den Vermieter: Die Eheleute sind sich einig, wer von beiden in der Wohnung bleiben soll. Gemäß § 1568a Abs. 3 BGB genügt nach der Scheidung eine einseitige Mitteilung beider Ehepartner an den Vermieter über die Wohnungsüberlassung - ab Zugang tritt der verbleibende Ehegatte rechtlich in das Mietverhältnis ein oder führt es allein fort. Eine Zustimmung des Vermieters ist nicht erforderlich. Der Nachteil dieser Lösung ist, dass der Vermieter das Mietverhältnis dann unter bestimmten Voraussetzungen innerhalb von einem Monat kündigen kann.
Antrag auf gerichtliche Wohnungszuweisung: Die Eheleute können sich nicht einigen, wer von beiden in der Wohnung bleiben soll. Dann kann bei Gericht ein Antrag gestellt werden, einem der beiden die Wohnung zuzuweisen. Mit Rechtskraft der Entscheidung im Wohnungszuweisungsverfahren ist dieser dann der alleinige Mieter. Auch in diesem Fall kann der Vermieter ggf. den Mietvertrag innerhalb eines Monats kündigen.
Mit der Änderung des Mietvertrages gehen dann automatisch die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag auf den neuen Alleinmieter über, insbesondere die Verpflichtung, die Miete und Nebenkosten zu zahlen. Der andere Partner haftet ab der Änderung des Vertrages nicht mehr für die Mietzahlungen.
Bei einer gerichtlichen Wohnungszuweisung oder Änderung des Mietvertrags durch einseitige Mitteilung der Eheleute ist der Vermieter an die gesetzlichen Vorgaben gebunden. Er kann eine entsprechende Übertragung nicht verhindern, wenn sie den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht.
Besteht ein Grund in der Person des in der Wohnung verbleibenden Ehepartners, kann der Vermieter jedoch nach §§ 1568a Abs. 3, 563 Abs. 4 BGB den Mietvertrag kündigen.
Für die Ausübung dieses Kündigungsrechts gilt eine besondere Monatsfrist: Der Vermieter muss die Kündigung spätestens innerhalb eines Monats erklären, nachdem er vom endgültigen Eintritt des neuen Mieters in das Mietverhältnis Kenntnis erlangt hat. Versäumt der Vermieter diese Frist, bleibt das Mietverhältnis bestehen.
Für die Kündigung gilt die gesetzliche Frist nach § 573c BGB. Diese beträgt grundsätzlich drei Monate und verlängert sich je nach Dauer des Mietverhältnisses auf bis zu neun Monate.
Sind beide Ehepartner im Mietvertrag eingetragen, ist für eine wirksame Kündigung die Kündigung von beiden Ex-Partnern erforderlich. Eine einseitige Kündigung ist unwirksam. Die Kündigungsfrist beträgt in der Regel drei Monate und muss schriftlich erfolgen.
Der Mieter, der die Wohnung verlässt, hat einen Anspruch gegen den in der Wohnung verbleibenden Mieter, dass dieser daran mitwirkt, dass er aus dem Mietvertrag entlassen wird (OLG Hamm, Beschluss vom 21.01.2016, Az. 12 UF 170/15).
Gibt es nur einen Mieter, kann dieser den Mietvertrag allein kündigen. Eine Zustimmung oder Mitwirkung des Ex-Partners ist für die Wirksamkeit der Kündigung nicht erforderlich. Gegenüber dem Vermieter ist die Kündigung in jedem Fall wirksam. Der Ex-Ehepartner kann nicht mehr in den Mietvertrag eintreten, wenn das Mietverhältnis beendet ist.
Obwohl die Kündigung des Mietvertrags gegenüber dem Vermieter wirksam ist, kann der ausgezogene Ehegatte in bestimmten Fällen einen Schadensersatzanspruch gegen den kündigenden Ex-Partner geltend machen. Nach der Rechtsprechung besteht auch nach der Scheidung eine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ein Schadensersatzanspruch kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der alleinige Mieter ohne berechtigten Grund kündigt und dem anderen Ehegatten keine Möglichkeit gibt, rechtzeitig einen Antrag auf Wohnungszuweisung zu stellen. Ein solcher Schadensersatzanspruch kann im Wege einer Leistungsklage vor Gericht geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass der ausgezogene Ehegatte konkret darlegen und nachweisen kann, welche Schäden - beispielsweise Umzugs- oder Mehrkosten für eine Ersatzwohnung - durch die Pflichtverletzung entstanden sind (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 20.02.2013, Az. 5 UF 14/13).
Um in solchen Fällen die Kündigung durch den Alleinmieter zu verhindern, kann - vor der Kündigung - ein Kündigungsverbot gegen den Alleinmieter erwirkt werden. Welches allerdings nur im Verhältnis zu diesem wirkt und nicht im Verhältnis zum Vermieter. Es verhindert nicht, dass eine Kündigung gegenüber dem Vermieter wirksam wird.
Besteht kein Mietvertrag über die Ehewohnung, gilt: Sowohl der Ex-Ehegatte, dem die Wohnung zugesprochen werden soll, als auch die vermietungsberechtigte Person (das kann der andere Ehepartner oder ein Dritter sein), können gemeinsam beim Familiengericht die Begründung eines Mietverhältnisses zu den örtlich üblichen Konditionen verlangen. Damit sind die Interessen beider Seiten geschützt - es gelten die in Ihrer Region üblichen Bedingungen, also marktübliche Miete, reguläre Laufzeit und Kündigungsfristen.
Das Gericht prüft, ob das Mietverhältnis unbefristet laufen soll oder - etwa bei Eigenbedarf oder größeren Modernisierungen - auch eine zeitliche Befristung angemessen ist. Ist eine Einigung über die Miethöhe nicht möglich, gilt die ortsübliche Vergleichsmiete.