- 22.06.2025 -
Eine Trennung oder Scheidung wirft zahlreiche Fragen zum gemeinsamen Haus, zur Eigentumswohnung oder zur Mietwohnung auf. Wer darf bleiben, wem gehört was, und wie werden Kredite und Werte gerecht aufgeteilt? Dieser Ratgeber erklärt verständlich, welche Rechte und Pflichten bei einer Scheidung mit Immobilie bestehen.
Die Frage, was mit dem gemeinsamen Haus oder der Eigentumswohnung bei einer Scheidung geschieht, betrifft viele Paare in Deutschland. Etwa jede dritte Ehe wird geschieden, und rund die Hälfte aller Familien lebt im eigenen Haus oder in einer Eigentumswohnung. Häufig ist die Immobilie der größte Vermögenswert und stellt für beide Ehepartner einen wichtigen Lebensmittelpunkt dar.
Eine Scheidung mit Immobilie führt nicht nur zu rechtlichen, sondern auch zu finanziellen und emotionalen Herausforderungen. Neben der Klärung der Eigentumsverhältnisse müssen oft noch laufende Kredite berücksichtigt werden. Besonders schwierig wird es, wenn Kinder im Haushalt leben, da das Wohnumfeld für sie möglichst stabil bleiben sollte.
Wer bekommt das Haus? Wer kann wohnen bleiben? Und wie werden Wert und Schulden aufgeteilt? Antworten auf diese Fragen sind wichtig, damit Sie in einer schwierigen Lebenssituation die richtigen Entscheidungen treffen können.
Bei einer Scheidung ist die gemeinsame Immobilie meist der größte Vermögenswert. Was mit dem Haus oder der Eigentumswohnung passiert, hängt in erster Linie von den Eigentumsverhältnissen ab, wie sie im Grundbuch festgelegt sind. Im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft wird der Wertzuwachs während der Ehe hälftig aufgeteilt - allerdings handelt es sich meist nur um einen Geldanspruch, nicht um einen Anspruch auf die Immobilie selbst.
Gehört das Haus beiden Ehepartnern, wird der aktuelle Wert abzüglich etwaiger Restschulden aufgeteilt. Ist nur einer Eigentümer, bleibt das Haus grundsätzlich in dessen Eigentum, aber der Wertzuwachs kann im Zugewinnausgleich berücksichtigt werden.
Typische Lösungen sind der Verkauf und die Teilung des Erlöses, die Übertragung auf einen Partner gegen Auszahlung, eine Realteilung (wenn möglich), Übertragung auf Kinder oder im Notfall eine Teilungsversteigerung. Jede Variante bringt rechtliche und wirtschaftliche Herausforderungen mit sich, besonders wenn noch Kredite laufen oder Kinder im Haushalt leben.
Wer im Grundbuch steht, ist rechtlich Eigentümer der Immobilie - unabhängig davon, wer finanziert hat.
Das Grundbuch ist das einzige maßgebliche Dokument. Wer nicht eingetragen ist, hat auch bei jahrelanger Mitfinanzierung keinen Miteigentumsanspruch.
Der gesetzliche Güterstand in Deutschland ist die Zugewinngemeinschaft. Jeder Ehepartner bleibt Eigentümer seines Vermögens, das er in die Ehe eingebracht hat oder während der Ehe auf seinen Namen erworben hat. Bei der Scheidung wird der Wertzuwachs - also der Zugewinn - ausgeglichen.
Beispiel:
Kauft ein Paar während der Ehe gemeinsam ein Haus, wird nach der Scheidung der Wert abzüglich der Restschulden aufgeteilt. War das Haus schon vor der Ehe im Besitz eines Partners, bleibt dieser Eigentümer, aber die Wertsteigerung während der Ehe wird beim Zugewinnausgleich berücksichtigt.
Bei Gütertrennung gibt es keinen Zugewinnausgleich. Bei Gütergemeinschaft gehört fast alles gemeinsam.
Praxistipp:
Prüfen Sie unbedingt die Eintragung im Grundbuch, da diese auch bei Trennung maßgeblich ist.
Nach der Trennung haben beide Ehepartner grundsätzlich das Recht, in der gemeinsamen Immobilie wohnen zu bleiben, unabhängig von Eigentum oder Mietvertrag. Während der Trennung ist die Ehewohnung besonders geschützt. Ein Ehepartner kann den anderen nicht ohne Weiteres "vor die Tür setzen". Erst nach der Scheidung werden Wohnrechte neu geregelt.
Gerichtliche Wohnungszuweisung:
Ist das Zusammenleben unzumutbar, kann das Familiengericht einem Ehepartner die alleinige Nutzung zusprechen - etwa zum Schutz gemeinsamer Kinder oder bei erheblichen Konflikten.
Rückkehrrecht:
Wer freiwillig auszieht, kann innerhalb von sechs Monaten die Rückkehr verlangen. Danach verfällt dieses Recht.
Nutzungsentschädigung:
Bleibt ein Ehepartner alleine im Haus wohnen, kann der andere ab dem Auszug eine Nutzungsentschädigung verlangen - eine Art Miete für die Nutzung des Miteigentums.
Nach der Scheidung:
Nach der Scheidung gilt das Grundbuch: Wer Eigentümer ist, entscheidet über das Haus. Kommt keine Einigung zwischen den Miteigentümern zustande, kann eine Teilungsversteigerung drohen.
Sonderfall Mietwohnung:
Solange das Scheidungsverfahren läuft, bleiben in der Regel beide Ehepartner gemeinsam im bestehenden Mietvertrag. Nach Rechtskraft der Scheidung kann einer der Ehegatten verlangen, die Mietwohnung künftig allein zu nutzen. Sind sich die ehemaligen Eheleute einig, wer die Mietwohnung zukünftig nutzen soll, kann eine einvernehmliche Regelung mit dem Vermieter erfolgen, damit der Mietvertrag entsprechend angepasst wird. Kommt eine Einigung mit dem Vermieter nicht zustande, ist es möglich, diesen schriftlich (möglichst persönlich gegen Empfangsbestätigung, per Enschreiben oder Bote) über die Überlassung der Wohnung an einen der Ehepartner zu informieren. Mit Zugang dieser Mitteilung beim Vermieter tritt der verbleibende Ehegatte automatisch an die Stelle des bisherigen Mieters in das Mietverhältnis ein oder führt es allein fort. Kommt eine Einigung zwischen den Ex-Eheleuten über die Nutzung der Wohnung nicht zustande, kann das Familiengericht auf Antrag einem Ehegatten die Wohnung zuweisen. Maßgeblich ist dabei insbesondere das Wohl eventuell im Haushalt lebender Kinder sowie die Lebensverhältnisse der Ehegatten.
Fallbeispiel:
Ein Ehepaar trennt sich. Die Ehefrau bleibt mit den Kindern im Haus, der Ehemann zieht aus. Nach einigen Monaten fordert er Nutzungsentschädigung. Schließlich übernimmt die Ehefrau das Haus und zahlt den Ehemann aus, der auf seinen Eigentumsanteil verzichtet.
Praxistipp:
Sichern Sie Ihre Rechte möglichst frühzeitig schriftlich ab und scheuen Sie sich nicht, im Zweifel gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Sind noch Kredite auf dem Haus, ist für die Bank entscheidend, wer im Kreditvertrag steht, nicht die private Einigung zwischen den Ehepartnern.
Beide Ehepartner im Kredit:
Beide haften gesamtschuldnerisch für die volle Kreditsumme - unabhängig davon, wer ausgezogen ist oder im Haus wohnt. Die Bank kann die Zahlung von jedem fordern.
Nur einer im Kredit:
Nur der Unterzeichner haftet. Der andere hat gegenüber der Bank keine Pflichten - selbst wenn er die Immobilie mitgenutzt oder mitfinanziert hat.
Entlassung aus dem Kredit:
Will ein Ehepartner aus dem Vertrag ausscheiden, ist das nur mit Zustimmung der Bank möglich. Meist verlangt die Bank den Nachweis, dass der verbleibende Partner zahlungsfähig ist. Verweigert die Bank die Entlassung, haften beide weiter.
Bei Verkauf oder Übertragung:
Der Kredit wird mit dem Verkaufserlös getilgt. Bleibt eine Restschuld, müssen beide diese tragen. Bei Übernahme durch einen Partner bleibt der Kredit beim Übernehmenden - Zustimmung der Bank vorausgesetzt.
Praxistipp:
Sprechen Sie frühzeitig mit der Bank und lassen Sie sich schriftlich bestätigen, wie die weitere Kreditabwicklung geregelt wird.
Sind beide Ehepartner Eigentümer und Kreditnehmer, haften beide für den Kredit - unabhängig davon, wer im Haus bleibt. Ohne klare Einigung und Bankzustimmung bleibt die finanzielle Bindung bestehen.
Fallbeispiel:
Frau M. und Herr K. stehen beide im Grundbuch und im Kreditvertrag. Nach der Trennung möchte Herr K. ausziehen. Frau M. will das Haus übernehmen, aber die Bank lehnt ab, weil ihr Einkommen nicht ausreicht. Beide haften weiterhin gemeinsam, obwohl nur Frau M. im Haus lebt.
Praxistipp:
Klärung mit der Bank ist unerlässlich. Prüfen Sie auch Übergangslösungen wie gemeinsame Vermietung, um Zeit für eine tragfähige Regelung zu gewinnen.
Fallbeispiel:
Herr und Frau L. einigen sich auf den Verkauf des Hauses. Nach Tilgung des Kredits teilen sie den Überschuss. Beide können damit finanziell neu beginnen.
Praxistipp:
Lassen Sie vor einer Auszahlung oder einem Verkauf immer ein unabhängiges Gutachten erstellen, damit die Aufteilung fair und transparent erfolgt.
Sind gemeinsame Kinder betroffen, steht das Kindeswohl im Vordergrund. Das Familiengericht kann die Nutzung der Immobilie dem Elternteil zuweisen, der die Kinder überwiegend betreut - unabhängig von Eigentumsverhältnissen.
Beispiel:
Nach der Trennung bleibt die Mutter mit den Kindern im Haus. Das Gericht weist ihr das Wohnrecht zu, der Vater erhält einen finanziellen Ausgleich.
Übertragung auf Kinder:
Eine Übertragung auf Kinder ist möglich, sollte aber gut überlegt werden - steuerliche und rechtliche Folgen sind zu prüfen.
Praxistipp:
Oft ist eine flexible, zeitlich befristete Lösung für das Wohnrecht im Sinne der Kinder besser als eine sofortige Eigentumsübertragung.
Wer steht im Mietvertrag?
Wohnrecht und gerichtliche Entscheidung:
Kommt keine Einigung zustande, kann das Familiengericht das Wohnrecht zusprechen - meist zugunsten des Elternteils, der die Kinder betreut.
Fallbeispiel:
Das Ehepaar S. steht gemeinsam im Mietvertrag. Nach der Trennung übernimmt die Ehefrau mit Zustimmung des Vermieters die Wohnung alleine. Der Ehemann wird offiziell aus dem Vertrag entlassen.
Praxistipp:
Regeln Sie die Vertragsübernahme möglichst frühzeitig und schriftlich mit dem Vermieter, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Beim Verkauf oder der Übertragung einer Immobilie im Rahmen der Scheidung können Steuern entstehen: etwa Spekulationssteuer, Grunderwerbsteuer oder Schenkungssteuer. Auch Notar- und Grundbuchkosten sind zu beachten. Lassen Sie sich frühzeitig von einem Steuerberater beraten, damit Sie keine finanziellen Nachteile erleiden.
Was passiert bei einer Scheidung mit dem Haus?
Ob ein Haus nach der Scheidung verkauft, übertragen, behalten oder versteigert wird, hängt von mehreren Faktoren ab:
Beispiel:
Ein Ehepaar steht jeweils zur Hälfte im Grundbuch. Nach der Trennung will keiner das Haus übernehmen oder auszahlen. Die Immobilie wird gemeinsam verkauft, der Erlös nach Abzug aller Schulden aufgeteilt.
Wer darf im Haus wohnen bleiben?
Während der Trennung dürfen grundsätzlich beide Ehepartner weiter im Haus wohnen, auch wenn es nur einem gehört. Dies dient dem sogenannten "Schutz der Ehewohnung" im Trennungsjahr. Erst nach der Scheidung entscheidet sich, wer dauerhaft bleiben darf.
Beispiel:
Nach der Trennung bleibt die Mutter mit dem Sohn im gemeinsamen Haus wohnen. Das Gericht spricht ihr das Wohnrecht bis zur Volljährigkeit des Kindes zu, danach wird das Haus verkauft.
Was passiert mit dem Kredit bei einer Scheidung?
Beispiel:
Nach der Scheidung übernimmt die Ehefrau das Haus. Die Bank stimmt der Entlassung des Ehemannes aus dem Kreditvertrag nur zu, wenn die Ehefrau allein zahlungsfähig ist. Andernfalls haften beide weiter.
Muss das Haus nach der Scheidung verkauft werden?
Nein, ein Verkauf ist nicht zwingend vorgeschrieben. Es gibt verschiedene Alternativen:
Beispiel:
Nach einer langen Verhandlungsphase einigen sich die Ehepartner, das Haus gemeinsam zu behalten und zu vermieten. Die Mieteinnahmen werden genutzt, um den Kredit zu bedienen, bis ein Verkauf oder eine endgültige Übertragung möglich ist.
Was gilt bei der Mietwohnung im Trennungs- und Scheidungsfall?
Beispiel:
Das Ehepaar T. trennt sich. Die Ehefrau übernimmt die Wohnung nach der Scheidung als alleinige Mieterin, mit Zustimmung des Vermieters. Der Ehemann wird aus dem Mietvertrag entlassen und trägt ab diesem Zeitpunkt keine Pflichten mehr.
Tipp:
Egal ob Immobilie oder Mietwohnung - je früher Sie das Gespräch mit dem (Mit-)Eigentümer, der Bank und dem Vermieter suchen, desto größer sind die Chancen auf eine gütliche, faire Lösung. Ziehen Sie bei Unsicherheiten immer fachkundige Beratung hinzu.