- 20.06.2025 -
Sie haben einen Scheidungsantrag zugestellt bekommen? In diesem Beitrag erfahren Sie als Antragsgegner (oder Antragsgegnerin), was dies rechtlich bedeutet, welche ersten Schritte Sie jetzt gehen sollten und wie Sie Ihre Rechte im Scheidungsverfahren optimal wahren. Der Artikel erklärt, wann anwaltliche Unterstützung erforderlich ist, welche Handlungsmöglichkeiten Sie nach Erhalt des Scheidungsantrags haben und welche Folgen eine Zustimmung oder Ablehnung nach sich zieht. Zudem werden Versorgungsausgleich, Unterhalt, Kostenfragen und der Ablauf beim Familiengericht ausführlich erläutert.
Sobald der Scheidungsantrag beim zuständigen Familiengericht eingereicht wurde und der Antragsteller den erforderlichen Gerichtskostenvorschuss gezahlt hat, wird Ihnen als Antragsgegner der Scheidungsantrag durch das Gericht offiziell zugestellt. In der Regel erfolgt die Zustellung per Post mit einem sogenannten „gelben Umschlag“. Das Zustelldatum ist dabei ein entscheidender Stichtag: Es markiert nicht nur den Beginn des gerichtlichen Scheidungsverfahrens, sondern ist auch maßgeblich für die Berechnung des Zugewinnausgleichs, die Frage des Erbrechts der Ehegatten sowie für Fristen im weiteren Verfahren.
Mit der Zustellung wird das Scheidungsverfahren rechtshängig, das heißt, es läuft ein förmliches gerichtliches Verfahren nach den Vorschriften des deutschen Familienrechts. Sie sind nun formell Antragsgegner im Scheidungsverfahren und erhalten die Möglichkeit, zum Antrag Stellung zu nehmen.
Wichtig: Als Antragsgegner müssen Sie im Scheidungsverfahren keine besonderen „Scheidungspapiere“ unterschreiben. Ihre Stellungnahme kann mündlich beim Termin oder schriftlich gegenüber dem Familiengericht abgegeben werden. Das Gericht nimmt Ihre Erklärung zu Protokoll. Eine gesonderte Unterschrift auf besonderen Dokumenten ist nicht erforderlich.
Nach Zustellung des Scheidungsantrags sollten Sie als Erstes prüfen, welche Fristen in dem gerichtlichen Schreiben gesetzt sind. In der Regel haben Sie etwa zwei Wochen Zeit, um eine Stellungnahme abzugeben oder gegebenenfalls eine Fristverlängerung zu beantragen, falls Sie z. B. krank oder verreist sind.
Reagieren Sie insbesonde bei Anträgen zu Folgesachen innerhalb der vom Familiengericht gesetzten Frist. Versäumen Sie eine Frist, kann dies Ihre Position im Scheidungsverfahren schwächen.
Als Antragsgegner im Scheidungsverfahren haben Sie das Recht, zum Scheidungsantrag Stellung zu nehmen und - sofern Sie anwaltlich vertreten sind - eigene Anträge zu stellen. Grundsätzlich gilt: Sie müssen der Scheidung nicht zustimmen. Sie haben die Möglichkeit, der Scheidung zu widersprechen, Unklarheiten aufzuklären (etwa zum Trennungsjahr) oder ergänzende Anträge einzubringen, etwa zum Unterhalt oder zum Versorgungsausgleich.
Beispiel:
Ihr Ehepartner gibt im Scheidungsantrag an, Sie lebten seit Januar 2024 getrennt. Tatsächlich erfolgte die Trennung aber erst im April 2024. Sie können dies klarstellen und vorbringen, dass das Trennungsjahr nicht abgelaufen
ist. Das Gericht prüft dann die tatsächlichen Verhältnisse.
Auch wenn Sie der Scheidung grundsätzlich zustimmen, können Sie als Antragsgegner einzelne im Antrag aufgeführte Punkte bestreiten oder abweichende Regelungen vorschlagen. Dazu gehört etwa die Klärung von Unterhalt, Zugewinnausgleich oder Umgangsfragen bei gemeinsamen Kindern.
In Deutschland besteht für das gerichtliche Scheidungsverfahren für den Antragsteller die sogenannte Anwaltspflicht. Das heißt: Der Scheidungsantrag kann nur durch einen Anwalt beim Familiengericht eingereicht werden.
Der Anwalt, der den Scheidungsantrag für Ihren Ehepartner eingereicht hat, vertritt ausschließlich dessen Interessen. Eine gemeinsame anwaltliche Vertretung beider Ehepartner ist im Scheidungsverfahren aus berufsrechtlichen Gründen nicht zulässig, da stets von unterschiedlichen Interessen ausgegangen wird.
Wichtig: Geht es im Verfahren auch um sogenannte Folgesachen, etwa einen Unterhaltsantrag, gilt für beide Seiten zwingend Anwaltszwang. In diesen Fällen können Sie sich nur durch einen eigenen Anwalt wirksam verteidigen oder Anträge stellen.
Empfehlung:
Auch wenn Sie keine Anwaltspflicht trifft, kann ein Erstberatungsgespräch bei einem Rechtsanwalt sinnvoll sein, um Ihre Rechte, Risiken und Möglichkeiten besser einschätzen zu können. Häufig wird die Erstberatungsgebühr
auf die weiteren Kosten angerechnet, falls Sie den Anwalt später beauftragen.
Nach Erhalt des Scheidungsantrags haben Sie als Antragsgegner grundsätzlich folgende Handlungsoptionen:
Tipp:
Auch wenn Sie keine aktive Reaktion planen, lassen Sie Ihre individuelle Situation am besten frühzeitig anwaltlich prüfen, damit Sie keine wichtigen Rechte verlieren.
Versorgungsausgleich:
In den meisten Fällen wird mit der Scheidung automatisch der Versorgungsausgleich durchgeführt. Das bedeutet, die während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften werden zwischen den Ehegatten aufgeteilt.
Beide Ehepartner erhalten vom Gericht ein Formular, das ausgefüllt und zurückgesendet werden muss. Ausnahmen gibt es nur, wenn die Ehezeit weniger als drei Jahre beträgt oder der Versorgungsausgleich notariell ausgeschlossen wurde.
Unterhalt:
Sie können Ansprüche auf Trennungsunterhalt oder nachehelichen Unterhalt geltend machen - entweder außergerichtlich oder als eigenen Antrag im Scheidungsverfahren. Auch die Gegenseite kann solche Ansprüche stellen. Lassen
Sie sich hierzu rechtzeitig anwaltlich beraten.
Zugewinnausgleich und Vermögensaufteilung:
Mit der Scheidung können Ansprüche auf Zugewinnausgleich entstehen. Maßgeblich ist das während der Ehezeit erworbene Vermögen. Der Stichtag für die Berechnung ist in der Regel das Zustelldatum
des Scheidungsantrags. Die genaue Vermögensaufteilung kann im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung außergerichtlich geregelt oder vor Gericht beantragt werden.
Gerichtskosten und Anwaltskosten:
Die Kosten einer Scheidung setzen sich aus den Gerichtskosten (für das Scheidungsverfahren beim Familiengericht) und den Anwaltskosten zusammen. Bei einer einvernehmlichen Scheidung genügt ein Anwalt,
dessen Kosten sich beide Ehegatten teilen können. Die Gerichtskosten werden i. d. R. automatisch beiden Eheleuten zur Hälfte auferlegt. Stellt der Antragsgegner einen eigenen Scheidungsantrag oder kommt es zur streitigen Scheidung mit zwei Anwälten,
entstehen für beide Seiten eigene Anwaltskosten.
Verfahrenskostenhilfe:
Können Sie die Kosten für Anwalt und/oder Gericht nicht selbst tragen, besteht die Möglichkeit, Verfahrenskostenhilfe zu beantragen. Die staatliche Hilfe deckt entweder die gesamten Kosten oder ermöglicht eine
Rückzahlung in Raten, abhängig von Ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen während des Scheidungsverfahrens und deren Entwicklung in den 48 Monaten nach Verfahrensende. Den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe stellt in der Regel Ihr Anwalt beim Familiengericht
für Sie, aber Sie können diesen auch selbst stellen.
Hinweis:
Verfahrenskostenhilfe kann bereits vor Einleitung des Scheidungsverfahrens beantragt werden. Achten Sie darauf, alle erforderlichen Unterlagen (z. B. Einkommensnachweise, Mietverträge) vollständig und wahrheitsgemäß einzureichen.
Nach dem Austausch der Schriftsätze, der Klärung etwaiger Folgesachen und wenn alle Auskünfte zum Versorgungsausgleich da sind, setzt das Familiengericht einen Termin zur mündlichen Verhandlung, den sogenannten Scheidungstermin, an. Zu diesem Termin erscheinen in der Regel beide Ehegatten persönlich.
Sind alle Fragen geklärt, wird die Scheidung ausgesprochen. Die schriftliche Entscheidung des Familiengerichts (Scheidungsbeschluss) wird Ihnen und Ihrem Ehepartner anschließend zugestellt. Bei anwaltlicher Vertretung erfolgt dies über Ihren Anwalt.
Mit Zustellung des Scheidungsbeschlusses endet das Scheidungsverfahren. Erst mit Rechtskraft des Beschlusses sind Sie offiziell geschieden. Die Rechtskraft tritt ein, wenn beide Parteien - mit zwei Anwälten - auf Rechtsmittel verzichten, noch im Termin oder später per Schriftsatz, oder die Frist für die Beschwerde (meist einen Monat nach Zustellung) abgelaufen ist. Innerhalb der Monatsfrist kann gegen den Scheidungsbeschluss Beschwerde eingelegt werden, etwa wenn Verfahrensfehler vorliegen oder falsche Tatsachen zugrunde gelegt wurden. Lassen Sie sich hierzu unbedingt anwaltlich beraten. Für eine Beschwerde gegen den Scheidungsbeschluss besteht Anwaltszwang.
Wichtig:
Erst mit dem Rechtskraftvermerk auf dem Scheidungsbeschluss ist die Scheidung wirksam. Jetzt dürfen Sie Ihren Namen wieder ändern oder erneut heiraten.
Bei einer einvernehmlichen Scheidung haben in der Regel beide Ehegatten ein Interesse an einer zügigen Verfahrensabwicklung. Auch als Antragsgegner können Sie aktiv dazu beitragen, den Ablauf zu verkürzen.
Scheidungsfolgen im Vorfeld einvernehmlich regelnAm schnellsten lässt sich das Verfahren gestalten, wenn bereits während des Trennungsjahres sämtliche Scheidungsfolgen - wie Unterhalt, Vermögensaufteilung sowie Sorge- und Umgangsrecht - außergerichtlich in einer Scheidungsfolgenvereinbarung geklärt werden. Je weniger Folgesachen durch das Gericht zu entscheiden sind, desto rascher kann der Scheidungsbeschluss ergehen. Der nacheheliche Unterhalt und der Zugewinnausgleich kann vor Rechtskraft der Scheidung bindend nur in einer notariell beurkundeten Vereinbarung geregelt werden. Privatschriftliche Vereinbarungen dazu vor Rechtskraft der Scheidung sind nicht wirksam.
Versorgungsausgleich prüfen und ggf. ausschließenDer Versorgungsausgleich führt häufig zu einer längeren Verfahrensdauer, da zunächst sämtliche Anrechte geklärt werden müssen. Bei einer Ehedauer von bis zu drei Jahren findet der Versorgungsausgleich nur auf ausdrücklichen Antrag eines Ehepartners statt. Der Versorgungsausgleich bei der Scheidung kann nur durch eine notariell beurkundete Vereinbarung oder - mit zwei Anwälten - im Scheidungstermin ausgeschlossen werden.
Vollständige Unterlagen frühzeitig einreichenDie rechtzeitige und vollständige Vorlage aller erforderlichen Dokumente (z. B. Heiratsurkunde, Einkommensnachweise, Nachweise zu Vermögensverhältnissen, Geburtsurkunden der Kinder) verhindert Verzögerungen durch Rückfragen des Gerichts und erleichtert die Terminierung. Sinnvoll ist ein Antrag auf Kontenklärung bei der Deutschen Rentenversicherung noch vor Beginn des Scheidungsverfahrens.
Rechtsmittelverzicht erklärenIm Termin oder auch noch nach Zustellung des Scheidungsbeschlusses kann durch den beiderseitigen Verzicht auf Rechtsmittel (durch zwei Anwälte) erreicht werden, dass die Scheidung sofort rechtskräftig wird. Die gesetzliche einmonatige Beschwerdefrist für die Scheidung entfällt dadurch.
Auch der Antragsgegner hat im Scheidungsverfahren die Möglichkeit, einen eigenen Scheidungsantrag zu stellen. Ein solcher eigener Antrag ist unabhängig vom bereits laufenden Scheidungsverfahren des Antragstellers möglich und kann aus verschiedenen rechtlichen, strategischen oder finanziellen Gründen sinnvoll oder sogar notwendig sein.
Rechtliche und strategische Hintergründe
Der eigene Scheidungsantrag eröffnet dem Antragsgegner die Möglichkeit, das Verfahren aktiv mitzugestalten und eigene Rechte gezielt zu verfolgen. Insbesondere in folgenden Situationen empfiehlt es sich, als Antragsgegner einen eigenen Scheidungsantrag zu stellen:
Ein eigener Scheidungsantrag ist immer dann dringend zu erwägen, wenn der Antragsgegner die Fortführung des Verfahrens sicherstellen möchte, eigene Ansprüche zu Folgesachen geltend machen will oder wichtige Stichtage aus strategischen Gründen beeinflussen möchte.
Als Antragsgegner können Sie natürlich auch einen eigenen Scheidungsantrag stellen. Gerne informiere ich Sie vorab zu Ihren rechtlichen Möglichkeiten und den weiteren Schritten. Falls Sie Verfahrenskostenhilfe möchten, prüfe ich gerne, ob ein entsprechender Anspruch bestehen könnte.